24.03.2017 17:00
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Konjunktur monthly: China

Für das erste Quartal 2017 vermeldet die Volksrepublik China robuste Wirtschaftsdaten, die maßgeblich von einer stabilen Industrieproduktion und anhaltend hohen Anlageinvestitionen getrieben waren. Der Anfang März abgehaltene Volkskongress war das dominierende Ereignis für Chinas wirtschaftliche und politische Führung, bei welchem die Wachstumsziele des bevölkerungsreichsten Landes der Erde für das Jahr 2017 verkündetet wurden.  Premierminister Li Keqiang erwartet für das Jahr 2017 ein Wachstum im Bereich von 6,5 % und korrigiert somit das vorherige Wachstumsziel von 6,5 bis 7 % nach unten. Die maßgeblichen Wachstumstreiber sind nach wie vor die geldpolitisch flankierten Investitionen in Infrastruktur und neue Anlagen. Mit dieser Wachstumsstrategie sind angesichts der bereits vorherrschenden Überkapazitäten keine nachhaltigen Impulse zu erreichen. Weiterhin gehen die wesentlichen Risiken in China von der hohen gesamtwirtschaftlichen Verschuldung, dem fragilen Finanzsektor und der anhaltenden Kapitalflucht aus.

Aktuelle Wirtschaftsdaten signalisieren Stabilität

Die jüngsten Konjunkturindikatoren des Verarbeitenden Gewerbes geben für China eine leichte Expansion in der wirtschaftlichen Aktivität wieder. So notieren sowohl der staatliche PMI, als auch der private Caixin PMI mit 51,6 bzw. 51,7 über dem Expansionsniveau von 50 Indexpunkten. Beide Indikatoren konnten ihr Niveau im Vergleich zum Januar leicht ausbauen und geben somit Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Im Dienstleistungssektor hingegen ist ein relativer Rückgang in der wirtschaftlichen Aktivität zu verzeichnen. Der private Caixin Dienstleistungs-PMI ging sowohl im Januar als auch im Februar zurück und notiert gegenwärtig bei 52,6 Indexpunkten. Die Nachfrage nach Dienstleistungen geht turnusgemäß infolge des Chinesischen Neujahrsfestes im Februar zurück und sollte in den Folgemonaten wieder anziehen. Entsprechend ist eine relative Erholung im Dienstleistungssektor für den März zu erwarten. Diese Entwicklungen reflektieren auch die Einzelhandelsumsätze, welche im Januar nur um 9,5 % YoY zulegen konnten und somit unter dem prognostizierten Wachstum von 10,5 % YoY blieben. Für die sich dem Neujahrsfest anschließenden Monate ist ein Wachstum oberhalb von 10,0 % YoY zu erwarten. Insgesamt liegt das Wachstum der Umsätze im Einzelhandel in China aber weiterhin, besonders im Vergleich zu anderen Schwellen- und Industrieländern, auf einem hohen Niveau.

„Trump-Effekt“ bei Ausländischen Direktinvestitionen?

Für Aufsehen sorgten die Ausländischen Direktinvestitionen in China, welche zum ersten Mal im Vergleich zum Vorjahr zurückgingen. Für den Januar investierten ausländische Unternehmen 9,2 % weniger verglichen zum Jahr zuvor, während für den Februar lediglich ein Nullwachstum verzeichnet werden konnte. Diese Entwicklung ist vermutlich Ausdruck einer anhaltenden Vorsicht, inwieweit China in Zukunft als Produktionsstandort für multinationale Unternehmen noch Relevanz besitzt. Die Ankündigungen der neuen US-Regierung, die inländische Produktion steuerlich und wirtschaftspolitisch zu stützen, und ein vermeintlich protektionistischeres handelspolitisches Umfeld hat globale Unternehmen vor neuen Investitionen in China zunächst zurückgehalten.

Das Rätsel der negativen Handelsbilanz

Das chinesische Neujahrsfest ist das dominierende Ereignis im ersten Quartal und hat einen signifikanten Einfluss auf die wirtschaftliche Aktivität. Während der Verkehr zu Straße, Schiene und in der Luft überproportional zunimmt, stellen die inländischen Unternehmen während der Feierlichkeiten ihre Produktionstätigkeiten

ein. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Exporttätigkeit der Wirtschaft aus. Die Ausfuhren chinesischer Unternehmen gehen in dieser Zeit signifikant zurück. Importe sind davon nicht betroffen, da chinesische Unternehmen in der Zeit des Neujahrsfests einen hohen Bestand an Vorprodukten aufbauen, die im Jahresverlauf abgebaut werden. Im Februar lagen die Importe Chinas 44,7 % über dem Vorjahresniveau, während die Exporte mit -1,3 % rückläufig waren. So ist es wenig verwunderlich, dass die chinesische Handelsbilanz für Februar ein Defizit von 9,15 Mrd. US-Dollar aufweist.

Inflationsentwicklung unter Sondereffekten zu betrachten

Das Zusammenspiel zwischen den Erzeuger- und Konsumentenpreisen in China warf im letzten Monat Fragen auf. Während die Konsumentenpreise im Februar nur 0,8 % YoY zulegen konnten, wuchs die Teuerung gemessen an Erzeugerpreisen in der gleichen Periode um 7,8 %. Diese Divergenz ist erstaunlich, da sich beide Komponenten tendenziell in dieselbe Richtung bewegen. Auch hier kommen vermutlich Sondereffekte zum Tragen. Das schwache Wachstum in den Konsumentenpreisen erschließt sich aus einem Abflachen der Konsumaktivität durch das Neujahrsfest. Für das Anziehen der Erzeugerpreise sind die haussierenden Rohstoffpreise ursächlich, die von der produzierenden Industrie direkt an den Verbraucher weitergegeben werden. Da die Teuerung der Rohstoffpreisentwicklung zunächst gestoppt scheint, ist eine Normalisierung der Erzeugerpreise für die nächsten Monate zu erwarten. Auf Jahressicht ist ein Überschreiten des Inflationsziels von 3,0 % somit wenig wahrscheinlich.

Kreditfinanzierte Investitionen speisen Wachstum

Die gesamtwirtschaftliche Wachstumsstrategie Chinas fundiert immer noch auf hohen Investitionen in neue Produktionsanlagen und Infrastrukturprojekte, die durch die großzügige Kreditneuvergabe der staatseigenen Banken möglich gemacht wird. Alleine im Februar wurden 2.030 Mrd. Renminbi (rund 300 Mrd. US-Dollar) an neuen Krediten an Unternehmen und Privathaushalte gewährt, was signifikant über dem 5-Jahres-Schnitt i.H.v. 880 Mrd. RMB liegt. Durch diese umfangreiche Neukreditvergabe bleibt China weiterhin auf einem stabilen Wachstumspfad. Jedoch muss die chinesische Regierung mittelfristig erkennen, dass ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum nur mit der Etablierung von neuen Wirtschaftszweigen generiert werden kann. Die Vielzahl der neuen Gelder erreichen weiterhin von Überkapazitäten geprägten Sektoren wie die Montan- oder Grundstoffindustrie, dessen bilanzielle Verschuldungsgrade teilweise über 80 % reichen. Eine Fokussierung der Neukreditvergabe auf zukunftsträchtige Sektoren wie Medizintechnik, regenerative Energie oder Unternehmensdienstleistungen könnte dem Wachstumsmodell Chinas zu neuen Impulsen verhelfen. Bis zum Großen Nationalen Volkskongress im Herbst ist aber keine Abkehr von der bislang angewandten Wachstumsstrategie zu erwarten.

Weiterhin hohe Preisdynamik im Immobilienmarkt

Trotz einer Vielzahl von Restriktionen, u.a. einer Anzahlungspflicht beim Immobilienerwerb, ist die Preisentwicklung auf den chinesischen Immobilienmärkten noch nicht zurückgegangen. Im Februar wurde landesweit 6,2 % mehr Immobilieneigentum erworben als im vergangenen Jahr. Die Preisentwicklung ist in den großen chinesischen Städten weiterhin wenig nachhaltig. Während in New York im Mittel das 32-fache seines durchschnittlichen Jahreseinkommens für den Immobilienkauf aufgewendet wird, liegt dieser Wert in Shanghai beim 50-fachen. Die Überhitzungsgefahren bleiben im Immobiliensektor somit immanent und könnten durch noch stärkere Restriktionen zumindest abgeschwächt werden.


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