24.03.2017 16:00
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Konjunktur und Zinsen monthly: USA

Während die neue US-Administration sich mit der Reform der Gesundheitsreform, dem Bau einer Mauer zu Mexiko, Untersuchungsausschüssen wegen Kontakten zu Russland und angeblichen Falschmeldungen beschäftigt, geht die Wirtschaft in das siebte Jahr ihrer Erholung. Auch wenn die Daten für das erste Quartal auf einen leichten Knick hindeuten, ist das Gesamtbild sehr freundlich. Das klarste Anzeichen sind die ISM-Indizes für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor, die beide über 57 Punkte notieren und seit Anfang des Jahres nach oben gerichtete Trends aufweisen. Dazu passt die gute Arbeitsmarktlage und der erneute Anstieg des Konsumentenvertrauens. Der Wohnungsbausektor zeigt sich in ausgezeichneter Stimmung. Gegenwind kommt derzeit allerdings vom Einzelhandel. Von einem Wirtschaftsboom würden wir ohnehin nicht sprechen. Ein Wachstum von 2,4 % sollte möglich sein, was deutlich mehr als die 1,6 % des vergangenen Jahres sind, aber gleichzeitig weit von den 3,5 % bis 4 % entfernt sind, die der US-Präsident in Erinnerung an die guten alten Zeiten propagiert hat. An der wirtschaftspolitischen Front gibt es wenig Neues, da weder die Steuerreform noch das ominöse Infrastrukturprogramm auch nur annähernd in den Gesetzgebungsprozess eingebracht wurden. Vielleicht wird der Kontrast zwischen den vollmundigen Präsidial-Ankündigungen und mangelnden Fortschritten bei der tatsächlichen Umsetzung ein Kennzeichen der Trump-Administration. Die US-Notenbank war auf jeden Fall nicht mehr bereit, auf deutlichere Ankündigungen von Seiten der Politik zu warten, sondern hat im März ein weiteres Mal den Leitzins angehoben und dürfte zwei weitere Male die Zügel in diesem Jahr straffen. Die langfristigen Renditen dürften nach den Seitwärtsbewegungen der letzten Monaten nur allmählich steigen.

Konjunkturell wenige Schattenseiten zu erkennen

Die Wirtschaft scheint relativ rund zu laufen. Die ISM-Indizes für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor notieren über 57 Punkte und signalisieren damit eine klare Expansion. Entsprechend stellen die Unternehmen kräftig ein, im Februar waren es per Saldo 235.000 Beschäftigte.

Da gleichzeitig die Partizipationsrate (Anteil der arbeitenden und arbeitssuchenden Menschen an der Gesamtbevölkerung über 15 Jahre) leicht gestiegen ist, deutet die auf 4,7 % gefallene Arbeitslosenrate auf einen enger werdenden Arbeitsmarkt hin. Die wöchentlichen Arbeitsmarktdaten vom März weisen auf eine Fortsetzung dieser positiven Entwicklung hin. Allerdings ist der Arbeitsmarkt offensichtlich nicht so angespannt, dass die Arbeitgeber ihren Beschäftigten ungewöhnlich viele Überstunden abverlangen würden. Im Gegenteil: Die Wochenarbeitszeit verharrt bereits seit mehreren Monaten bei 33,6 Stunden und ist damit auf einem niedrigeren Niveau als zu Beginn von 2015. Dieser Trend hält schon längere Zeit an und daher darf man unter anderem  demografische Faktoren dahinter vermuten: Da ältere Beschäftigte einen wachsenden Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen, genau diese aber häufiger als Teilzeitkräfte arbeiten, könnte dies einen Teil dieser Entwicklung erklären.

Expansionssignale kommen auch vom Wohnungsbausektor. So liegt der NAHB-Index mit 71 Punkten auf dem höchsten Niveau seit Juni 2005. Es ist gut möglich, dass viele Haushalte vor dem Hintergrund der sich andeutenden Zinsanstiege ihre Bauentscheidung vorziehen, um noch in den Genuss der niedrigen Zinsen zu kommen.

Zu freundlich?

Obwohl das Gesamtbild sehr freundlich aussieht, kommt die Atlanta-Fed bei ihrer erfahrungsgemäß relativ zuverlässigen Schätzung der BIP-Veränderung im laufenden Quartal auf einen ernüchternden Wert von nur 0,9 % (QoQ, annualisiert). Für das schwache Wachstum sind allerdings vor allem die abnehmenden Lagerbestände verantwortlich, während die Nachfrage vor allem nach Investitionsgütern sehr ordentlich zu verlaufen scheint und auch die Exporte kräftig expandieren.

Risiken für die Konjunktur

Die Gefahren für die Konjunktur sind unverändert da, scheinen aber abzunehmen. Das liegt nicht daran, dass US-Präsident Donald Trump seine Pläne geändert hätte – zumindest haben wir davon keine Kenntnis. Es hat vor allem damit zu tun, dass die Trump-Administration offensichtlich große Schwierigkeiten hat, Ideen und Vorhaben in Gesetzesverfahren umzusetzen. So lässt die „phänomenale“ Steuerreform weiter auf sich warten. Finanzminister Steven Mnuchin sagte im Februar, er strebe die Umsetzung der Steuerreform noch vor der Sommerpause an, die im August beginnt. Auf Ankündigungen von Präsident Trump, bald mit Details aufzuwarten, folgten keine weiteren Aussagen. Entsprechend ist auch keine Klarheit darüber vorhanden, ob und in welcher Form die so genannte Grenzanpassungssteuer kommt. Beim im Wahlkampf angekündigten 1000 Mrd. US-Dollar schweren Infrastrukturprogramm gibt es keine Details, es sei denn man möchte den Bau der Mauer zu Mexiko dazu zählen. Hier gibt es in der Tat Fortschritte: Die Ausschreibung für den Bau der Mauer hat begonnen. Außer dem reinen Ausgabeneffekt von vielleicht 20 Mrd. US-Dollar bzw. 0,1 % des BIP, der sich über ein paar Jahre hinstrecken dürfte, geht von diesem Vorhaben aber kein Effekt auf die Produktivität bzw. das Wachstum aus.

Wenig Neues von der Inflationsfront

Die PCE-Inflationsrate ist im Januar auf 1,9 % gestiegen, der höchste Wert seit 2012. Die Kernrate, die Energie- und Lebensmittelpreise ausschließt, liegt dagegen weiterhin bei 1,7 %. Die CPI-Inflationsraten, die einen etwas anderen Warenkorb zugrunde legen und für die bereits Februar-Daten vorliegen, liegen bereits bei 2,7 % und 2,2 % (Kernrate). Keine Frage: Von einer Deflationsgefahr kann man kaum noch sprechen. Angst vor einem Explodieren der Preise muss man angesichts des im Laufe des Jahres wieder auslaufenden Ölpreiseffektes, der immer noch niedrigen Kapazitätsauslastung in der Industrie und einem relativ starken US-Dollar auch nicht haben.

Die US-Notenbank setzt den vorsichtigen Ausstieg aus ihrer Ultraniedrigzinspolitik fort.

Am 15. März hat Janet Yellen, Präsidentin der Fed, den Leitzins das zweite Mal innerhalb von drei Monaten um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Der Tagesgeldsatz darf sich jetzt in der Bandbreite von 0,75 bis 1,00 % bewegen. Angesichts einer höheren Inflation und robuster Konjunkturdaten lag dieser Schritt grundsätzlich nahe. Jedoch hatte die US-Notenbank erst wenige Wochen vor der Sitzung die Marktteilnehmer. auf diesen Schritt eingestimmt. Dies geschah dann so eindeutig, dass der Zinsschritt selber an den Märkten gar nicht mehr nachhallte, sondern die Investoren nur auf die Hinweise über das "Wie geht es weiter?" achteten. Diesbezüglich überraschte die Fed viele Marktteilnehmer, als sie deutlich machte, dass für das Gesamtjahr weiterhin nur drei Zinsschritte vorgesehen sind. Die Fed-Mitglieder haben ihre Vorstellungen, wo der Leitzins am Ende des Jahres liegen sollte, praktisch unverändert gelassen. Dabei hätten vier doch so gut gepasst, in jedem Quartal einer, dachte sich mancher Anleger. In einem Quartal muss die Fed demnach aussetzen. Wir gehen davon aus, dass man im Juni erneut die geldpolitischen Zügel strafft und dann den nächsten Schritt erst im vierten Quartal unternimmt.

Die Vorsicht, mit der die Fed hier zu Werke geht, passt zu ihrer skeptischen Wachstumsprognose. So geht die amerikanische Zentralbank für das laufende Jahr lediglich von 2,1 % BIP-Zuwachs aus (Konsens laut Consensus Economics: 2,3 %, HSH Nordbank: 2,4 %). In 2018 sollte das Expansionstempo sogar auf unter 2 % fallen. Sie lässt dabei wohl unberücksichtigt, dass die neue Regierung grundsätzlich die Infrastrukturausgaben erhöhen und die Steuern senken könnte. Da aber beide Projekte immer noch in der Ankündigungsphase stecken, gibt es für die Fed in der Tat keinen Grund, diese Maßnahmen in die Kalkulation mit einzubeziehen. Entsprechend geringer fällt der erwartete Inflationsdruck aus.

Ernüchterung an den Bondmärkten

Die langfristigen Staatsanleiherenditen bewegen sich nach der durch den Regierungswechsel bedingten Niveauverschiebung seit mehreren Wochen relativ richtungslos. Die anfängliche euphorische Erwartung, die Trump-Administration starte jetzt ein umfangreiches Infrastrukturprogramm und Steuersenkungspaket, wich zumindest an den Bondmärkten einer gewissen Ernüchterung. Das verwundert etwas, weil die Kurse an den US-Aktienmärkten während des ausklingenden Winters von Rekord zu Rekord geeilt sind, mit der Begründung starker Konjunkturdaten. Üblicherweise reagieren aber auch die Bondmärkte auf derartige Daten, und zwar mit steigenden Renditen. Eine mögliche Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch zwischen Bond- und Aktienmärkten sind die weiter laufenden QE-Programme in der Eurozone und in Japan. Immerhin wird hier monatlich Liquidität von insgesamt rund 130 Mrd. US-Dollar in die Märkte gepumpt. Offensichtlich landet ein Teil dieser Liquidität auch in den USA, wo die Renditen vergleichsweise attraktiv und das Wechselkursrisiko (die meisten Marktteilnehmer rechnen mit einem stärkeren US-Dollar) begrenzt erscheinen. 

Der von uns erwartete Renditeanstieg wird daher gedämpft ausfallen. Zum Jahresende dürften die zehnjährigen T-Notes nur bei 2,85 % rentieren. Dass überhaupt ein Anstieg stattfinden sollte, liegt an der Fortsetzung des Aufschwungs in den USA und dem von uns erwarteten Start der Tapering-Diskussion in der EZB in der zweiten Jahreshälfte.

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Quelle

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