23.09.2016 09:04
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Japanische Geldpolitik: the sky is the limit

Wer dachte, die Notenbanken dieser Welt hätten ihren Instrumentenkasten geplündert, werden von der japanischen Notenbank eines Besseren belehrt. Nachdem man in Japan in den letzten Jahren Anleihen und Aktien gekauft hat, rund 30% der Staatsanleihen auf die Bilanz genommen und zuletzt auch negative Einlagenzinsen eingeführt hat, definierte die Notenbank nunmehr einen zusätzlichen Leitzins: die Rendite für 10-jährige Staatsanleihen. Angestrebt wird eine Rendite von etwa 0%. Auch wenn die Rendite sich gerade um diesen Wert herum bewegt: das Vorhaben ist nutzlos und gefährlich.

Denn was passiert, wenn eine Notenbank die langfristigen Zinsen auf den Punkt genau steuern möchte? Etwas Ähnliches, als würde sie einen festen Wechselkurs anstreben: Sie muss am Anleihemarkt intervenieren, um den Zins bei 0% zu halten. Ansonsten verliert sie ihre Glaubwürdigkeit. Wenn der Zins für zehnjährige Anleihen auf 0,3% steigt, muss die Notenbank am Markt Bonds kaufen, um die Renditen zu senken. Die Notenbank ist dann noch weniger Herr der Lage, weil sie nicht mehr festlegen kann, welches Volumen an Anleihen sie aufkaufen muss. Sie muss so viele Wertpapiere erwerben, bis die Rendite wieder bei 0% ist. Damit läuft die BoJ in eine ähnliche Falle wie die EU-Agrarpolitiker in den 1990er Jahren. In dem Bestreben, den Bauern auskömmliche Milch- und Butterpreise zu garantieren, kaufte die EU die Überschüsse vom Markt weg und legte riesige Milchseen und Butterberge an. Bis diese Politik nicht mehr zu halten war und von Grund auf reformiert wurde.

In der für die BoJ typischen Art ist die Politik inkonsistent. Man hält an dem bislang kommunizierten Ankaufziel von 80 Billionen Yen pro Jahr fest (entspricht etwa 800 Mrd. USD), muss sich aber fragen lassen, was sie denn machen wird, wenn dieses Ankaufvolumen nicht reicht, um die Zinsen für zehnjährige Anleihen bei 0% zu halten. Was passiert beispielsweise, wenn in den USA die Konjunktur durchstartet und die langfristigen Renditen steigen? Dann müsste die BoJ noch massiver gegenhalten und vielleicht würden nicht einmal 160 Billionen Yen pro Monat reichen, um sich dem Trend steigender Zinsen entgegenzustemmen.

Eine weitere Frage stellt sich: Wird auch die Europäische Zentralbank diese Idee aufgreifen und ihrerseits Zinsziele für langfristige Anleihen definieren? Vorstellbar ist alles, politische und technische Einwände machen es zu diesem Zeitpunkt aber unwahrscheinlich. Möchte man tatsächlich unterschiedliche Zielrenditen für französische, italienische, deutsche Anleihen usw. definieren und auf diese Weise auch die Risikoaufaufschläge festlegen? Die Alternative, lediglich die Benchmark, also zehnjährige deutsche Staatsanleihen renditeseitig zu steuern, dürfte politisch schwer zu vermitteln sein, weil sich dann die anderen Regierungen benachteiligt fühlen.

Die Frage ist nicht, ob den Zentralbanken noch Instrumente zur Verfügung stehen, mit denen sie die Finanzmärkte beeinflussen können. Die klare Antwort darauf ist ja. Die eigentliche Frage ist, ob diese Instrumente noch eine Wirkung für die Realwirtschaft entfalten können, die es rechtfertigen würden, die Nebenwirkungen dieser Geldpolitik zu akzeptieren. Die Antwort darauf ist Nein und Japans Track Record über die letzten Jahre - Stagnation, Deflation und Verschuldungsexplosion - macht dies besonders anschaulich. Hände weg vom geldpolitischen Instrumentenkasten.

Quelle

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