30.06.2017 09:30
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Meinung weekly: Zehn Jahre iPhone - das ist erst der Anfang

Das Smartphone von Apple ist gerade zehn Jahre alt geworden. In dieser kurzen Zeit hat das iPhone nicht nur den Handy-Markt revolutioniert, sondern gänzlich neue Märkte geschaffen und andere eliminiert. Ein Milliardenmarkt für so genannte Apps ist entstanden, auf deren Basis – wie im Fall von Whatsapp – Unternehmen geschaffen wurden, die in wenigen Jahren eine höhere Marktkapitalisierung erreichten als gestandene Old Economy-Unternehmen. Gleichzeitig sind andere Produkte nahezu verschwunden. Hantieren Sie noch mit einer digitalen Kleinbildkamera herum, wenn ihr Handy ähnlich gute Bilder schießt, die zudem sofort an Freunde verschickt werden können?

Das alles klingt umwälzend, aber es ist erst der Anfang. Was man heute sieht, ist ein laues Lüftchen im Vergleich zu dem Fortschritts-Orkan, der auf die Welt zukommt, sich jedoch noch nicht in der Produktivitätsentwicklung von Volkswirtschaften niederschlägt. In vielen Sektoren wird es disruptiv zugehen, unabhängig vom iPhone. Ein paar Beispiele: Der autonom fahrende Lkw ist in den USA bereits in der Testphase und könnte sich in zehn Jahren durchsetzen. Die Produktivitätsvorteile wären enorm, kann der autonome Lkw doch praktisch ohne Pausen durchfahren und dabei den Fahrstil hinsichtlich des Spritverbrauchs optimieren. Für Lkw-Fahrer ist dies eine offensichtliche Bedrohung. Oder das so genannte Internet of Things (IoT). Sensoren ermöglichen es beispielsweise, vorausschauend notwendige Reparaturen an Maschinen, Brücken, Schiffen und Gebäuden durchzuführen, bevor es zu schadensbedingten Produktionsausfällen kommt – dies ist mit enormen Produktivitätsfortschritten verbunden.

Ist das die neue industriellen Revolution? Ja, aber warum sinkt dann die Produktivität trendmäßig seit mehreren Jahrzehnten bis in die jüngste Vergangenheit, was unter dem Stichwort säkulare Stagnation diskutiert wird? Zwei Antworten dazu: Den Zahlen zur Produktivitätsmessung ist mit einer gesunden Skepsis zu begegnen und man sollte sich gleichzeitig klar machen, dass viele Technologien noch in den Kinderschuhen stecken.

Zur Produktivitätsmessung: wann haben Sie zuletzt ein Lexikon in der Hand gehabt? Wahrscheinlich ist das schon ein paar Jahre her, ohne dass sie – Wikipedia sei dank – dümmer geworden wären. Die Produktion von Lexika fällt allerdings aus der Produktivitätsberechnung heraus. Andere Beispiele (Presse, Telefonie) gibt es zuhauf.

Das Kinderschuh-Argument ist noch wichtiger: Ja, das Potenzial für Produktivitätssteigerungen ist enorm, aber derzeit ist die Industrie in vielen Bereichen noch auf der Suche bzw. im Wettbewerb um die Schaffung von neuen Standards. Gleichzeitig tun sich die traditionellen Industriekonzerne schwer, ihre Organisationsform an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Regierungen hinken ebenfalls hinterher. Hier mangelt es an der Schaffung zeitgemäßer Regulierungsrahmen. Ein ebenso großer Nachholbedarf besteht an der Investitionsfront - der in Deutschland mangelnde Breitbandausbau spricht Bände.

Aber: Diese Probleme sind nicht untypisch in Phasen großer Innovationen. Schon früher kam es zu Verzögerungen - sei es beim Auto (wo man der Meinung war, es könne niemals ein Massentransportmittel werden, aus Mangel an Chauffeuren) oder beim Telefon (wo unter anderem monopolisierte Lizenzen die Verbreitung behinderte). Letztlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die neuen Ideen durchsetzen werden. Und dann wird man über die Angst vor der säkularen Stagnation nur noch milde lächeln.


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