19.04.2018 16:50
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Meinung weekly: Die rosigen Zeiten sind in naher Zukunft vorbei

Auf den ersten Blick sieht alles so schön aus. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in seinem gerade veröffentlichten World Economic Outlook für April 2018 „Cyclical Upswing, Structural Change“ die BIP-Prognosen für die USA und die Eurozone nochmals angehoben. Er erwartet nun ein Wachstum von 2,4 % für die Eurozone in diesem Jahr, nach 2,2 % in seinem letzten Ausblick vom Oktober 2017. Auch der BIP-Zuwachs für die USA wird mit 2,9 % jetzt höher angegeben, nach zuvor 2,7 %. China dürfte 2018 mit einer Rate von 6,6 % expandieren, womit sich der Trend einer allmählichen Wachstumsverlangsamung für das Land fortsetzt. 2017 stieg das BIP um 6,9 % − die höhere Dynamik im Vergleich zum Vorjahr sollte eine Ausnahme auf Sicht der nächsten Jahre darstellen. Indien könnte mit 7,4 % schneller als China wachsen, während der Aufschwung in Japan mit 1,2 % gegenüber 2017 (1,7 %) an Fahrt verlieren dürfte.

Das hohe Tempo des Konjunkturaufschwungs in vielen Ländern lässt die Weltwirtschaft brummen. Nachdem diese schon 2017 mit 3,8 % wachsen konnte, was eine deutliche Beschleunigung im Vergleich zum Vorjahr war (3,2 %), dürfte sich die Aktivität 2018 mit einem Plus von 3,9 % nochmals leicht erhöhen. Hintergrund ist, dass die Finanzierungsbedingungen weltweit immer noch sehr günstig sind. Auch 2019 könnte die Weltwirtschaft erneut kräftig wachsen und mit knapp 4 % zulegen.

Doch in den vergangenen Wochen hat sich die Stimmung eingetrübt und die Sorgen über die weitere Konjunkturentwicklung haben zugenommen. Das sieht auch der Internationale Währungsfonds so und konstatiert „gestiegene Risiken für die Weltwirtschaft über die nächsten Quartale hinaus“. Das liegt an den Streitigkeiten im internationalen Handel und dem Risiko für eine zunehmend protektionistische Politik sowie den steigenden geopolitischen Risiken, wie zum Beispiel an dem Konflikt in Syrien deutlich wird, der sich zu einer internationalen Auseinandersetzung ausweiten könnte.

Darüber hinaus dürften sich einige Faktoren auf längere Sicht nicht mehr so günstig für die Weltwirtschaft präsentieren: Die Finanzierungsbedingungen sollten sich mit Schließen der Output Gaps und Normalisierung der Geldpolitik straffen, die Steuerreform und die Fiskalpolitik in den USA dürften keine stimulierenden Impulse mehr setzen und das chinesische Wachstum verringert sich, weil das Kreditwachstum und die Fiskalpolitik sich dort abschwächen. Dazu kommen strukturelle Probleme wie niedrige Produktivitätstrends und ein reduziertes Wachstum beim Arbeitskräftepotenzial aufgrund alternder Gesellschaften in den entwickelten Volkswirtschaften.

Entsprechend sollte sich das globale Wachstum in einigen Jahren weniger positiv darstellen. Wenn die Output Gaps geschlossen sind, dürften die meisten Industrieländer zu ihrem Potenzialwachstum zurückkehren, das deutlich niedriger ist als die derzeitigen Expansionsraten und die durchschnittlichen Zuwächse vor der Finanzmarktkrise. Auch in zahlreichen Schwellen- und Entwicklungsländern könnte sich das Wachstum mittelfristig unterdurchschnittlich entwickeln.

Das hört sich nicht gut an – die Warnungen des IWF sind deutlich. Doch die derzeitig kräftige Erholung der Weltwirtschaft eröffnet ein Zeitfenster, weit reichende Reformen durchzuführen, um den Aufschwung abzusichern und den mittelfristigen Wachstumsausblick zu erhöhen.

Jeder Konjunkturaufschwung geht irgendwann zu Ende. In den USA dauert er schon acht Jahre an, dagegen ist der in der Eurozone nur halb so alt. Aber die darauf folgende konjunkturelle Abschwächung kann abgemildert werden. Noch können die Weichen dafür gestellt werden.

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