02.08.2018 18:10
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Meinung weekly: Getrennte Wege

Dies ist wieder so eine Woche, in der sie fast alle tagen, die großen Notenbanken der Welt. Während der internationalen Finanzkrise 2008/2009 waren sie alle bestrebt, mit Krisenmaßnahmen die Welt zu retten oder doch zumindest die Finanzwelt und den darauf folgenden massiven Konjunktureinbruch abzumildern. Sie haben die Zinsen dramatisch gesenkt und bisher nie dagewesene geldpolitische Lockerungsschritte unternommen, wie beispielsweise die Aufsetzung umfangreicher Wertpapierkaufprogramme.

Jetzt – rund eine Dekade später – ist dieser Gleichschritt der Notenbanken beendet, denn die einzelnen Volkswirtschaften haben sich in der Zwischenzeit recht unterschiedlich entwickelt. Die USA befinden sich seit der Finanzmarktkrise im neunten Jahr des Konjunkturaufschwungs, der 2018 nochmals an Fahrt aufnehmen könnte – angeheizt von einer expansiven Fiskalpolitik. Angesichts der konjunkturellen Erholung und einer spürbaren Belebung des Arbeitsmarktes hat die Fed Ende 2015 einen Zinsanhebungskurs eingeleitet und die Zielspanne für die Fed Funds Rate bereits sechs Mal angehoben, so dass diese mittlerweile bei 1,75 bis 2,00 % liegt. Sogar die PCE-Kernrate – das für die Fed relevante Inflationsmaß – hat sich zuletzt mit 1,9 % der Zielmarke von 2 % angenähert. Mit der zunehmenden Teuerung könnte das Tempo der Zinserhöhungen noch steigen, für dieses Jahr ist noch eine Zinsanhebung fest eingeplant, eine weitere wäre möglich. Auf ihrer August-Zinssitzung (1.8.) hat die Fed jedoch erst einmal stillgehalten und keine Neuigkeiten verkündet.

Auf den ersten Blick ähnlich, wenn auch noch nicht so weit fortgeschritten, agiert die Bank of England (BoE). Sie hat das Zinsniveau um 25 bp in einem ersten Schritt angehoben und begründete dies mit hohen Inflationsraten und einer soliden konjunkturellen Erholung. Doch zum Jahresstart ist das britische Wachstum fast zum Stillstand gekommen und die Teuerungsraten präsentieren sich längst nicht mehr so dynamisch. Zudem gestalten sich die Brexit-Verhandlungen äußerst zäh – mit ungewissem Ausgang. Sollte es wider Erwarten einen harten Brexit geben, also Großbritannien die EU ohne eine Vereinbarung verlassen, hätte dies gravierende Folgen für die heimische Wirtschaft. Doch die BoE scheint diese Risiken fast schon fahrlässig zu ignorieren und hält weitere Zinsanhebungen im Spiel, wohl auch um ausländisches Kapital weiterhin anzuziehen. Heute (2.8.) könnte die Notenbank die Zinsen erneut um 25 bp auf dann 0,75 % erhöhen.

Von einer geldpolitischen Straffung ist die Bank of Japan (BoJ) noch weit entfernt, auch wenn derartige Spekulationen zuletzt die Märkte beschäftigt haben. Sie hat die Strafzinsen auf Einlagen bei ihrer Zinssitzung am 31.7. unverändert bei -0,10 % belassen und peilt weiterhin eine Zielrendite bei zehnjährigen japanischen Staatsanleihen von 0 % an. Längerfristig soll sich die Inflationsrate ohne frische Nahrungsmittel an das Preisziel von 2 % annähern, diese liegt derzeit nur bei 0,8 %. Zudem hat sie sich erstmals eine forward guidance für den Zinsausblick à la EZB gegeben. Danach sollen die Zinsen noch lange auf niedrigem Niveau verbleiben. Etwas mehr Flexibilität gibt sich die Notenbank allerdings bei vielen Details ihrer derzeitigen Politik, so kann die Rendite zehnjähriger Staatstitel von -0,20 bis 0,20 % schwanken.

Zinsen im negativen Bereich bis in alle Ewigkeit. Das sollte ein Horrorszenario für die EZB darstellen und sie nicht nur zu einer endgültigen Beendigung der Anleihekäufe zum Jahresende führen, sondern auch zu einer möglichst schnellen ersten Zinsanhebung 2019. Nach den Ankündigungen im Juni gab es auf der Zinssitzung am 26.7. nichts Neues. Noch setzt sich der Konjunkturaufschwung fort und die Inflationsraten bewegen sich in Richtung Zielwert – Zeit auch für die EZB zu handeln.


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