19.01.2018 10:05
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Öl weekly: Der jüngste Preisanstieg ist zyklischer Natur. Die langfristigen deflationären Kräfte der US-Schieferölrevolution sind noch immer intakt

Seit Anfang Dezember 2017 sind die Preise für Rohöl stark gestiegen: Der Spotpreis für die Nordseeölsorte Brent notiert gegenwärtig bei 69 US-Dollar/Barrel und der für die amerikanische Sorte WTI bei 64 US-Dollar/Barrel. Dies ist jeweils der höchste Stand seit Dezember 2014. Angetrieben wurde diese Rallye sowohl durch eine Festigung der „timespreads“ (d.h. die Differenzen zwischen den einzelnen Termin-Kontrakten haben sich ausgeweitet) als auch durch starke Fundamentaldaten. Gleichzeitig war auch ein Anstieg der Preise langfristiger Ölfutures zu beobachten, was darauf hindeutet, dass sich Produzenten gegenwärtig mit Preisabsicherungsaktivitäten (dem Verkauf auf Termin) zurückhalten.

Robuste Fundamentaldaten aus dem Dezember 2017 rechtfertigen einen Teil der jüngsten Rallye, mit einem schneller als erwartet stattgefundenen Rückgang der Öllagerbestände, was zu einem schnelleren und stärkeren Ausweitung der Backwardation führte (gegenwärtig beträgt der Spread zwischen dem 1-Monats und 2-Jahreskontrakt für Brent 13%). Die Ölnachfrage profitierte zuletzt weiterhin vom stärksten globalen Nachfrageschub seit Beginn der Finanzkrise sowie dem synchronen globalen Wachstum. Das Angebot blieb dagegen jedoch zuletzt leicht hinter unseren Erwartungen zurück, wobei im Dezember die außerplanmäßigen Produktionsausfälle um 320 Tsd. Barrel/Tag ggü. dem Vormonat anstiegen, was auch durch die saisonalen Wartungsarbeiten bedingt ist, welche deutlich intensiver waren und länger dauerten, als dies typischerweise zu dieser Jahreszeit der Fall ist. Nicht zuletzt war die Einhaltung der Förderkürzungen durch die Allianz aus OPEC und Russland im Dezember mit 114 % nahe dem Rekordhoch vom November 2017. Angesichts dieser sehr robusten fundamentalen Datenlage fielen die globalen Öllagerbestände (USA, europäische ARA-Häfen, Japan und Singapur) bereits auf den Fünfjahresdurchschnitt zurück.

Angesichts des beschleunigten Lagerabbaus bekräftigen wir unsere Sicht, dass die OPEC mit ihren Förderkürzungen den globalen Öllagerabbau überdreht. Zwar sind die Lagerbestände der OECD-Staaten noch nicht wieder auf dem von der OPEC angepeilten Fünfjahresdurchschnitt angekommen - wenn man die von der OPEC gewählte mengenmäßige Sichtweise anwendet. Wenn man dagegen die von uns gewählte Metrik anwendet und die Lagerbestände dynamisch in Nachfragetagen misst, haben die Produzenten ihr Ziel erreicht. Hinzu kommt, dass das Wachstum der nordamerikanischen Ölproduktion vor allem bei Ölfeldern im Landesinnnern zu beobachten ist, die eine neue Infrastruktur erforderlich machen. Für den Betrieb dieser neuen Infrastruktur bedarf es einer gewissen Basisbetankung, d.h. ein Öltanklager wird nie ganz leer sein. Diese Grundmenge für die neue Infrastruktur beträgt rund 40 Mio. Barrel allein in den USA. Dies wird allerdings von der OPEC nicht berücksichtigt, was die Risiken einer Überhitzung beim Lagerabbau deutlich erhöht.

Wichtig ist, dass wir die gegenwärtige Stärke der Ölfundamentaldaten nur als zyklisch ansehen, wobei (bezogen auf den Ölpreis) die deflationären Kräfte des US-Schieferölsektors weiter intakt sind. Zu aktuellen Preisen gehen wir davon aus, dass die Terminkurve in allen Regionen deutlich über den Grenzkosten liegt und eine allmähliche Belebung der Bohraktivitäten der Hersteller zu erwarten ist. Anders als in den Jahren 2016/17 könnte es jedoch zunächst zu einer Zurückhaltung bei der Angebotsausweitung kommen, da börsengehandelte US-amerikanische Aktiengesellschaften eine größere Zurückhaltung bei Investitionen zeigen und gegenwärtig besonders Wert auf die Cash-Flow-Kumulierung im Sinne der Aktionäre legen. Für 2018 rechnen wir daher mit höheren Ölpreisen von 65 US-Dollar/Barrel im Durchschnitt, wobei die Abwärtsrisiken für unsere 2019er Jahresdurchschnittsprognose von 53 US-Dollar/Barrel zunehmen.

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