05.03.2018 14:00

Post von Warren Buffett: Wo bleibt der Optimismus?

„Must read“ vom Wochenende: Der neue Aktionärsbrief von Berkshire Hathaway. Normalerweise immer eine großartige Quelle der Inspiration, doch dieses Jahr wirkt Warren Buffett ein bisschen ernüchtert und ermattet. Aber selbst ein – gemessen an den Highlights der letzten Jahre – eher durchwachsener Buffett-Brief hat für uns „kleine“ Value- und Quality-Investoren noch immer einen höheren Erkenntniswert als vieles von dem, was die großen Finanzportale tagtäglich so an (Nicht-)Nachrichten rausrülpsen.

„Must read“ vom Wochenende: Der neue Aktionärsbrief von Berkshire Hathaway. Normalerweise immer eine großartige Quelle der Inspiration, doch dieses Jahr wirkt Warren Buffett ein bisschen ernüchtert und ermattet. Auch wenn er weder die nach wenigen Tagen zurückgezogene Übernahmeofferte „seines“ Lebensmittel-Herstellers KraftHeinz für den Wettbewerber Unilever noch das verlorene Bietergefecht um den Energieversorger Oncor explizit erwähnt – dass er 2017 keinen Mega-Deal eintüten konnte, während seine Holding auf knapp 120 Mrd. US-Dollar Cash sitzt, wurmt den Altmeister.

Optimismus und Pathos sind dahin

Auch vom Optimismus der letzten Jahre ist wenig zu spüren. 2016 hatte Buffet noch mit viel Pathos die Wirtschafts- und Innovationskraft der USA beschworen: „For 240 years it’s been a terrible mistake to bet against America, and now is no time to start. America’s golden goose of commerce and innovation will continue to lay more and larger eggs. America’s social security promises will be honored and perhaps made more generous. And, yes, America’s kids will live far better than their parents did.“

Wahr, aber platt: Aktieninvestoren haben Rückenwind

Im vergangenen Jahr zeigte sich Buffett ebenso überzeugt, dass die Kinder, die heute geboren werden, die glücklichste Generation der Geschichte sind: „This economic creation will deliver increasing wealth to our progeny far into the future. Yes, the build-up of wealth will be interrupted for short periods from time to time. It will not, however, be stopped. […] Babies born in America today are the luckiest crop in history.“ Solche Statements sucht man im diesjährigen Brief, der mit 17 Seiten so kurz geraten ist wie zuletzt anno 2000, vergeblich – abgesehen von eher platten Allgemeinplätzen wie „Aktieninvestoren haben Rückenwind“.

ETF schlägt Hedgefund

Stattdessen wärmt Buffett seine Wette mit einem Hedgefund-Manager auf, der vor zehn Jahren fünf teure Profi-Dachfonds ins Rennen gegen den S&P 500 geschickt hatte – und brutal Schiffbruch erlitt: Mit Wertzuwächsen von 2,8% bis 87,7% nach Kosten hinken die hochbezahlten Investment-Künstler einem simplen Index-Fonds auf den S&P 500 weit hinterher. Der ETF hat nämlich seit 2008 inkl. Dividenden satte 125% Plus gebracht, sogar mehr als die nach wie vor dividendenlose Berkshire Hathaway-Aktie (+110%).

„Performance kommt, Performance geht, Gebühren bleiben“, kommentiert Buffett trocken. Wirklich neu ist diese Erkenntnis freilich nicht, zumal der 88-ige Milliardär sich 2017 schon viel pointierter und süffisanter über nutzlose Finanzprodukte ausgelassen hatte.

Buffett warnt vor Anleihen

Klare Kante zeigt das „Orakel von Omaha“ dagegen in puncto Anleihen. „Es ist ein schwerer Fehler, wenn Langfrist-Investoren ihr Investment-Risiko am Verhältnis zwischen Anleihen und Aktien festmachen“, schreibt Buffett und stellt fest: „Je länger der Anlagehorizont, umso weniger riskant ist ein breit gestreutes Aktienportfolio – vorausgesetzt, der Einstieg erfolgt zu einer gemessen am Zinsniveau vernünftigen Bewertung.“

Vorsicht vor optimistischen Käufern

Diese Einschränkung zeigt gleichsam: Irgendwie fühlt Warren Buffett sich mit dem Marktumfeld nicht so richtig wohl. Nur zu gern würde er seine Liquidität in einen fetten Deal à la KraftHeinz oder BNSF stecken. Doch eine von abenteuerlustigen Wall Street-Analysten und niedrigen Zinsen aufgeputschte „Armee von optimistischen Käufern“ versaut die Preise. 

Wertvolle Vergewisserung für Privatanleger

Aber „je weniger Vorsicht die anderen walten lassen, umso vorsichtiger müssen wir selbst sein“, übt Buffett sich in Geduld – ein Ratschlag, den Privatanleger eins-zu-eins übernehmen dürfen. Das gilt auch für den Blick ins Aktiendepot: „Wir sehen unsere Aktien als Geschäftsanteile, nicht als Börsenticker. Wir kaufen oder verkaufen nicht anhand von ‚Chart-Mustern’, von ‚Kurszielen’ oder von vermeintlichen Experten-Meinungen.“ Amen. 

Und damit hat selbst ein – gemessen an den Highlights der letzten Jahre – eher durchwachsener Buffett-Brief für uns „kleine“ Value- und Quality-Investoren noch immer einen höheren Erkenntniswert als vieles von dem, was die großen Finanzportale tagtäglich so an (Nicht-)Nachrichten rausrülpsen. Deshalb, wer mal wieder sein Englisch auffrischen will: Originaltext lesen!

Christian W. Röhl ist Unternehmer und Kapitalmarkt-Stratege – vor allem aber Investor, der sein eigenes Vermögen verwaltet. Einblicke in seinen Investment-Alltag gibt der Autor des manager magazin-Bestsellers „Cool bleiben und Dividenden kassieren“ in Vorträgen und Seminaren sowie auf seinem Blog DividendenAdel und bei Twitter (@CWRoehl).

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Christian W. Röhl ist Unternehmer, Kapitalmarkt-Stratege – und Investor, der sein eigenes Vermögen verwaltet. Einblicke in seinen Investment-Alltag gibt der Autor des manager magazin-Bestsellers "Cool bleiben und Dividenden kassieren" auf seinem Blog DividendenAdel sowie in Vorträgen und Workshops.

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