24.06.2016 14:30
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Zinsen weekly: Im Zeichen des Brexit: Flucht in Sicherheit

Nach der Entscheidung der Briten, in Zukunft nicht mehr Mitglied der EU zu sein ist an den internationalen Finanzmärkten Panik ausgebrochen. Während in der letzten Woche, begleitet von einem Umschwung der Wettquoten und Umfragen in Richtung Verbleib in der EU, Optimismus vorherrschte und große Teile der Verlus-te der Vorwochen wettgemacht werden konnten, sitzt der Schock umso tiefer. Ab-zulesen ist dies an der Flucht aus den Aktienmärkten in Asien und Europa, wo Ver-luste von 8% (Nikkei) bzw. knapp 7% (DAX) zu Buche schlagen. Die Umschichtung erfolgt von zyklischen bzw. risikoreichen Anlageklassen in sichere Häfen, wie einige Staatsanleihen, Gold und den Schweizer Franken. So sanken die Renditen von 10-jährigen US-Treasuries über Nacht um etwa 25 Basispunkte von 1,74% auf ak-tuell 1,49%. Etwas milder fiel der Fall der Bund-Renditen aus, die von gestern 0,10% auf etwa -0,12% fielen, beide Werte sind historische Tiefstände. Der Austritt eines Staates aus der Europäischen Union ist ein Ereignis ohne Präzedenzfall. Zwar hat der Brexit auf Großbritannien selbst den größten Einfluss, erhöht aber auch im Rest der EU die Unsicherheit. So findet gleichzeitig sowohl eine Umschichtung aus der EU in Nicht-EU-Länder statt als auch eine Umschichtung innerhalb der EU. Während die Renditen der deutschen und französischen Staatsanleihen fielen, stiegen jene in Spanien (+22bp) und Italien (+20bp) an. Noch stärker trifft es EU-Länder, die nicht in der Eurozone sind, da diese am ehesten als mögliche Nachah-mer des Brexit gelten (Polen +25bp). Dass der heute veröffentlichte Ifo-Index für Deutschland einen überraschend guten Wert für den Ausblick und für das Ge-schäftsklima ausweist, findet im aktuellen Marktumfeld keine Berücksichtigung. Diese Umfragewerte dürften genau wie die Erwartungen der Finanzmärkte auf ei-nem Szenario basieren, in dem die britischen Wähler gegen den Austritt stimmen.

In den nächsten Wochen und Monaten werden die Märkte von großer Unsicherheit geprägt sein, mit weiteren großen Umschichtungen muss daher durchaus gerechnet werden. Die Folgen des Brexit für die internationale Konjunktur sind aktuell nicht abzusehen, die Risiken sind allerdings beträchtlich. Um der Unsicherheit etwas entgegenzusetzen, wird von wirtschaftspolitischer Seite mit einer Reaktion gerechnet. BoE-Gouverneur Carney meldete sich bereits am Morgen zu Wort und kündigte eine großzügige Bereitstellung von Liquidität in Höhe von 250 Milliarden Pfund für britische Banken sowie Notfallkredite in Fremdwährungen an. An einen weiteren Zinsschritt seitens der Fed in diesem Jahr ist aufgrund der Risiken für die Weltwirtschaft nicht mehr zu denken. Auf alle großen Zentralbanken der Welt steigt eher der Druck, neue expansive Maßnahmen zu beschließen, insbesondere auf die EZB. Derartige Maßnahmen können zwar kurzfristig grundsätzlich zur Beruhigung beitragen, ob die EZB aber noch genug Spielraum hat, um die Konjunk-tur im Ernstfall wirklich zu stabilisieren, ist offen. Die Wahrscheinlichkeit für bisher undenkbare Maßnahmen, etwa die direkte Ausgabe von Liquidität ohne Rück-zahlung an Konsumenten (Helikoptergeld), ist gestiegen. Für die Renditen in der Eurozone, vor allem in Deutschland, und den USA wird der Druck nach unten daher nach dem Brexit hoch bleiben und sich gegebenenfalls noch erhöhen.


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