Banken in der Gebührenfalle: Was nichts kostet, ist nichts wert?
„Neuer Gebühren-Hammer“ titelt die BILD-Zeitung und empört sich unter tosendem Beifall der Verbraucherschützer darüber, dass das kostenlose Girokonto allmählich ausstirbt. Ist ja auch echt skandalös, wenn etwa die Volksbank Mittelhessen für die Kontoführung nun 4,49 Euro im Monat verlangt. Das sind schließlich satte 50 Cent mehr als ein BILDplus Digital-Abo kostet, mit dem man rund um die Uhr alles Lebenswichtige über Gina Lisa, Sarah Joelle und die anderen Dschungelcamp-Insassen erfährt.
Banking ist Infrastruktur – wie das Telefon
Aber Scherz beiseite. Den Gebühren-Shitstorm haben Banken und Sparkassen sich redlich verdient, nachdem sie ihre Klientel zwei Jahrzehnte lang zu Lauscheppern erzogen haben. Konto, Karte, Onlinebanking: Alles für umme. Und was nichts kostet, ist auch nichts wert, zumindest in den Augen der Kunden, die keinen Gedanken daran verschwenden, dass eine Bankverbindung in gewisser Weise dasselbe ist wie ein Telefonanschluss – nämlich eine Infrastruktur-Leistung, ohne die man kaum mehr am Wirtschaftsleben teilnehmen kann.
Nur haben Deutsche Telekom, Vodafone & Co. zwar viel Unsinn angestellt, sind aber niemals der Schnapsidee verfallen, das Telefonieren kostenlos zu machen – in der Hoffnung, irgendwo anders Geld abgreifen zu können. Genau das war jedoch das Kalkül hinter dem Gratis-Konto: Die Kunden erst mit einer „Geiz ist geil“-Offerte locken und dann mehr oder weniger dreist abkassieren. Ein teurer Dispo hier, eine margengeladene Baufinanzierung dort und wenn der Saldo allzu weit im Haben ist, gibt’s immer noch ein paar provisionsträchtige Finanzprodukte.
Hintenrum kassieren ist nicht mehr zeitgemäß
Dumm nur, wenn diese Rechnung plötzlich nicht mehr aufgeht – weil die Zinsmarge dahinschmilzt, weil Vertrieb und Beratung immer stärker reguliert werden, weil die Kunden besser informiert oder zumindest stärker sensibilisiert sind. Dann muss man eben an der Gebührenschraube drehen, damit die Erträge nicht vollends erodieren. Und das ist letztendlich auch gut so, denn auf diese Weise findet das Geld-Gewerbe vielleicht endlich Anschluss an die moderne Dienstleistungsgesellschaft, wo man ganz transparent für das – und nur für das – zahlt, was man auch tatsächlich braucht, will und in Anspruch nimmt.
Wo ein Wert ist, muss auch ein Preis sein
So lässt sich trefflich darüber streiten, ob Robo-Advisors à la Scalable Capital Deutschland wirklich das persönliche Gespräch in der Filiale überflüssig machen oder ob Portale wie Check24 den Versicherungsmakler aus Fleisch und Blut ersetzen können. Die ordnungsgemäße Abwicklung von Geld- und Wertpapier-Transaktionen jedenfalls hat einen Wert – und Banken wie Kunden müssen wieder lernen, diesen Wert fair und direkt zu bepreisen.
Christian W. Röhl auf Twitter: @CWRoehl