EUR/GBP: Brexit bleibt 2018 weiterhin im Fokus
Auch im Jahr 2018 wird der Kursverlauf des Pfundes im Zeichen des Brexit und der damit verbundenen politischen Ungewissheiten stehen. Nachdem die erste Phase der Verhandlungen beim EU-Gipfel am 14./15. Dezember vorerst abgeschlossen wurde, werden im kommenden Jahr die Verhandlungen der zweiten Phase mit der Festlegung der zukünftigen Handelsbeziehung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich beginnen. Sie werden für eine volatilen Verlauf des Pfunds sorgen, der gegenüber dem Euro vermutlich nach einer zwischenzeitlich kräftigen Abwertung in etwa auf das heutige Niveau von 0,88 GBP/EUR zurückführen wird.
Zerstrittene britische Regierung
Angesichts der Uneinigkeit in der britischen Regierung über die Verhandlungsziele sind unterschiedliche Szenarien für den Verlauf der Brexit-Verhandlungen denkbar. Ein denkbares Szenario ist, dass sich die Premierministerin Theresa May bis Abschluss der Brexitverhandlungen an der Macht halten kann und ein Freihandelsabkommen sowie eine Übergangsfrist von zwei Jahren aushandelt. Auf einen Zugang zum Binnenmarkt würde Großbritannien in diesem Fall verzichten. Das Pfund würde dauerhaft an Wert verlieren. In einem zweiten – von uns als wahrscheinlicher erachteten Szenario – käme es zu einem Stimmungsumschwung in der britischen Bevölkerung, der letztlich zu einem weichen Brexit führen würde. Ein weicher Brexit wäre durch einen fortgesetzten Zugang zum Binnenmarkt nach dem Vorbild Norwegens gekennzeichnet. Das Pfund würde in diesem Fall wieder aufwerten. Ein parteiinterner Machtwechsel würde vermutlich zu einem härteren Brexit führen, da die potentiellen Nachfolger von May zum Hard-Brexit-Lager gehören. Neuwahlen würden möglicherweise die Labor-Partei stärken, die tendenziell einen weichen Brexit befürwortet, gleichzeitig aber auch – so zumindest die Linie des Parteichefs Jeremy Corbyn – staatsinterventionistische Ideen verfolgt. Das GBP würde auch darauf nicht unbedingt positiv reagieren. In jedem Fall wird es in 2018 im Vorfeld der EU-Gipfel im März und Juni vermutlich zu erhöhter Volatilität kommen. Besondern kritisch dürfte es jedoch im Oktober werden, denn dann läuft die vom EU-Kommissionsbeauftragen Michel Barnier gesetzte Frist für den Austrittsvertrag ab. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen das Vertragswerk stehen, sodass er bis zum formellen Austritt am 29. März 2019 vom europäische Parlament, dem europäischen Rat, den EU-Mitgliedsländern und dem britischen Ober- und Unterhaus abgesegnet werden kann. Dies ist die finale entscheidende Phase, denn eine Ablehnung des Austrittdeals von der Mehrheit des britischen Parlaments würde bedeuten, dass kein Vertrag zustande kommt und Großbritannien in einem Automatismus-Verfahren die EU verlässt. In diesem Fall wäre eine massive Schwächung des Pfunds zu erwarten.
Bank of England agiert aus der Defensive und erhöht Leitzinsen
Die Bank of England (BoE) hat im November die erste Leitzinserhöhung in 10 Jahren durchgeführt. Die offizielle Begründung lautete, die Inflation sei zu hoch. In der Tat: Die Teuerungsrate ist im November auf 3,1 % gestiegen und übersteigt somit das Toleranzband der BoE. Da Großbritannien wirtschaftlich Schwächeanzeichen zeigt und der Eurozone hinterherhinkt, ist diese Argumentation nicht überzeugend. Ein wichtigerer Grund für die straffere Geldpolitik dürften die ersten Anzeichen für verstärkte Kapitalabflüsse sein, die letztlich zu einer unkontrollierten Abwertung des Pfunds sorgen könnten. Das wird die BoE verhindern wollen und daher rechnen wir im kommenden Jahr mit weiteren Leitzinsanhebungen. Die dominierende Kraft für den Verlauf der EUR/GBP wird letztlich aber der Verlauf der Brexit-Verhandlungen sein.
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