24.09.2018 09:20
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Meinung weekly: Türkei - Zinsanstieg verpufft

Am 13.9. hat die türkische Notenbank in der Währungskrise des Landes Flagge gezeigt und die Leitzinsen um 625 Basispunkte auf 24 % angehoben. Die geldpolitische Straffung war angesichts eines Teufelskreises aus abwertender Lira und steigender Inflation dringend notwendig – die Jahresteuerung zog in den vergangenen Monaten rasant an und schnellte im August auf fast 18 %. Die Notenbank hatte die Zinsanhebungen im Vorwege in Aussicht gestellt, das Ausmaß der Steigerung übertraf jedoch die Erwartungen der Marktteilnehmer.

Doch der massive Eingriff der Notenbank ist an den Devisenmärkten nahezu wirkungslos verpufft. Zwar hat die türkische Lira kurzfristig gegenüber dem US-Dollar und dem Euro aufgewertet, im weiteren Verlauf wurden diese Kursgewinne allerdings schon wieder größtenteils zunichte gemacht. Per Saldo zeigt sich die Lira durch die Leitzinserhöhungen zuletzt kaum verändert – fast ein Schock angesichts der Signifikanz des Eingreifens. Nach dem Lehrbuch hätte es eine spürbare und nachhaltigere Aufwertung der türkischen Lira geben müssen.

Was ist passiert? Anscheinend hat die Glaubwürdigkeit der Notenbank in den letzten Wochen stark gelitten. Als die Krise in der Türkei Mitte August eskalierte und die Lira immer mehr ins Straucheln geriet, beschlossen die Währungshüter zwar einige Notmaßnahmen, doch dringend benötigte Zinsanhebungen, um die Währung zu stabilisieren, blieben aus. Die Krise lief weiter und weiter und endlich – endlich! – kündigten die Notenbanker Zinserhöhungen auf ihrem nächsten Treffen an. Doch da dauerte die Krise schon länger an. Also kamen die Zinsschritte zu spät, und sie wurden nicht spontan beschlossen, sondern auf einer regulären Zinssitzung.

Aber das ist es nicht allein. Das zögerliche Verhalten der Notenbank resultiert aus der Abneigung der türkischen Regierung gegenüber Leitzinsanhebungen. Staatspräsident Recep Erdogan hatte sich in der Vergangenheit stets gegen steigende Zinsen ausgesprochen, denn das würde die Konjunktur abwürgen. Noch kurz vor den Zinserhöhungen hatte Erdogan die verfehlte Geldpolitik der Notenbank kritisiert und zur Bekämpfung der hohen Inflation – entgegen der vorherrschenden Lehrmeinung – sinkende Leitzinsen gefordert.

Die türkische Notenbank ist nicht frei bei ihren Entscheidungen, sondern sie bekommt Druck von politischer Seite, sei es in Form harscher Rhetorik oder direkter Empfehlungen. Wird dem nicht Folge geleistet, ist auch die Einleitung weiterer Schritte gegen die „widerspenstigen“ Notenbanker nicht völlig abwegig. Die Notenbank hat sich darüber hinweggesetzt und ist ihrem geldpolitischen Auftrag nachgekommen. Doch die Marktteilnehmer glauben nicht mehr an die Unabhängigkeit der Notenbank und ein konsistentes Vorgehen bei der Bekämpfung der aktuellen Währungskrise. Die Einflussnahme der Regierung wird als zu stark eingeschätzt.

Teilweise gewinnt man den Eindruck, dass die türkische Regierung glaubt, sie könne sich alles erlauben, ohne dass ihr Handeln negative Konsequenzen hätte. Doch das ist nicht so. Die Notenbank besitzt nicht mehr das Vertrauen der Anleger, sodass ihre Maßnahmen nicht den gewünschten Effekt entfalten. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Verhalten der Politik Institutionen beschädigen kann. Jetzt muss die Notenbank das Vertrauen der Investoren mühsam zurückgewinnen, bevor sie den Markt wieder hinter sich hat. Die türkische Regierung hat durch ihr Verhalten die Geldpolitik bei der Krisenbekämpfung verloren. Das könnte sich als fataler Fehler erweisen, denn wer sonst könnte die ausländischen Investoren überzeugen, weiterhin in der Türkei engagiert zu bleiben? Der türkischen Regierung dürfte dies mit ihrer Politik kaum gelingen.


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