12.04.2018 15:45
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Meinung weekly: Verunsicherung

Der Internationale Währungsfonds (IWF) gibt sich kurz vor seiner Frühjahrstagung optimistisch und hält an der Wachstumsprognose von 3,9 % für die Welt in diesem und im kommenden Jahr fest. Jedem, auch IWF-Präsidentin Christine Lagarde, ist aber klar, dass sich immer mehr dunkle Wolken aufbauen. Häufig zieht eine Gewitterfront – Segler werden das bestätigen können – an einem vorbei. Statt darauf zu hoffen, sollte man sich jedoch lieber auf einen möglichen Sturm vorbereiten.

 Die politischen und wirtschaftlichen Risiken haben in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Der zunächst nur verbal von den USA angekündigte Protektionismus ist in Form von tatsächlich implementierten Schutzzöllen u.a. auf Stahl und Aluminium wahr geworden. Zusätzliche wesentlich massivere Handelsmauern gegen China wurden von der Trump-Administration verkündet, während China mit Gegenmaßnahmen reagiert hat und sich der Handelskonflikt rhetorisch in neue Höhen schraubt. Des Weiteren haben neue Sanktionen der USA gegenüber Russland bzw. gegenüber einer Reihe von russischen Unternehmensführern jüngst die Märkte überrascht und lassen befürchten, dass von russischer Seite entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Der ungelöste Ukraine-Konflikt sowie der Fall Skripal tun ihr Übriges, um die Beziehungen der westlichen Welt zu Russland für absehbare Zeit in der Nähe des Gefrierpunkts zu lassen. Dazu kommt noch die Gefahr eines Krieges zwischen den USA und Russland auf bzw. über syrischem Boden.

Die EU muss sich derweil mit dem Gedanken vertraut machen, ab April 2019 das wichtige Mitglied Großbritannien verloren zu haben. Und auch wenn sich während der bis Ende 2020 geltenden Übergangsphase faktisch nicht viel ändern dürfte, wird das Selbstbewusstsein der EU nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen. Dabei sind die populistischen Tendenzen in Osteuropa, die durch die Wiederwahl Victor Orbans als Staatschef Ungarns bestätigt wurde, wenig hilfreich.

 Geht man auf die andere Seite des Atlantiks, so bahnt sich hier möglicherweise ein Unfall in Bezug auf die Nafta-Verhandlungen an. Das seit 24 Jahren bestehende Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada wird derzeit neu verhandelt. Angesichts der im Juli anstehenden Präsidentschaftswahlen in Mexiko würde es nicht verwundern, wenn die Verhandlungen weiterhin ergebnislos bleiben. Sollte der Linkspopulist Lopez Obrador die Wahlen gewinnen, wird unseres Erachtens ein Abbruch der Verhandlungen wahrscheinlicher - Nafta könnte der Vergangenheit angehören und mit ihm zahllose globale Wertschöpfungsketten. Wem das alles noch nicht genügt, der kann sich noch überlegen, welche konjunkturellen Rückwirkungen die von der im letzten Fed-Protokoll in Aussicht gestellte straffere Geldpolitik auf die USA hat.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Finanzmärkte in einem Umfeld solider Konjunkturdaten erstaunlich robust auf politische Schocks reagieren. Die Weltkonjunktur ist weiterhin breit aufgestellt. Und nicht jedes der angesprochenen Risiken wird sich manifestieren. So erwarten wir beispielsweise, dass der Handelskonflikt zwischen den USA und China bald in konstruktiven Verhandlungen münden dürfte. Dennoch, der Aufschwung wird nicht ewig weitergehen und für Investoren und Unternehmen wird es allmählich Zeit, die Segel ein Stück weit zu reffen.


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Quelle

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