Unter Druck: Dividendenaktien in der Corona-Pandemie

Unter Druck: Dividendenaktien in der Corona-Pandemie

Ein Kommentar von David Hsu, Senior Investment Product Manager replication-matters-us-equity-etf-exposures.png



Dividenden waren schon immer ein wichtiger Bestandteil der Aktienrendite, sie haben jedoch wegen des schwachen Wachstums der vergangenen Jahre auch für die Preisfindung zunehmend an Bedeutung gewonnen.

Trotz schwieriger Wirtschaftslage stiegen die Aktienkurse, Anleger konnten so mit Dividendenaktien nicht nur laufendes Einkommen, sondern auch Kapitalwachstum erzielen.

Das heutige Umfeld ist dagegen für Ausschüttungen und Aktienrückkäufe denkbar ungünstig. Nach ersten Prognosen könnten mindestens 28%* der europäischen Dividendenzahlungen den wirtschaftlichen und politischen Folgen der Covid-19-Pandemie ganz oder teilweise zum Opfer fallen. Noch lässt sich das Ausmaß kaum beziffern, erste Zahlen zeichnen jedoch ein düsteres Bild.

Ohne Gewähr

Zu den dividendenstärksten Unternehmen in Europa gehören Banken und Energieunternehmen2. Sollten die Ausschüttungen in einem dieser beiden Sektoren deutlich sinken, müssen Anleger mit dividendenorientierten Portfolios deutliche Einbußen befürchten. Die europäische Bankenaufsicht hat alle ihr unterstehenden Banken bereits im März nachdrücklich aufgerufen, sämtliche Ausschüttungen an Aktionäre mindestens bis Oktober auszusetzen. Auch die europäische Versicherungsaufsichtsbehörde hat sich gegen die Zahlung von Dividenden ausgesprochen.

Am globalen Ölmarkt tobte bereits ein Preiskampf unter den größten Exporteuren, noch bevor die Pandemie ihre volle Wirkung entfaltet hatte. Angebot und Nachfrage nach Rohöl gerieten aus den Fugen, am 20. April sank der Futures-Preis für ein Barrel Öl unter null.

Mittlerweile reichen Energieunternehmen die Verluste an ihre Aktionäre weiter: Wegen der Corona-Krise hat der britisch-niederländische Shell-Konzern Ende April zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg eine Dividendenkürzung im ersten Quartal angekündigt. Der norwegische Mischkonzern Equinor (ehemals Statoil) folgte kurz darauf mit der Nachricht, die Dividende im ersten Quartal werde um 67% sinken.

Dividendenstrategien für die Krise

Wie können Anleger während der Krise in dividendenstarke Aktien investieren?

Zu Beginn empfiehlt sich ein Blick auf die Instrumente: Anleger können zwischen mehreren globalen High Dividend-Indizes wählen, die sich jedoch in ihrem Aufbau erheblich voneinander unterscheiden.

Die regionale Gewichtung spielt eine wichtige Rolle, da sich Unternehmen in ihrer Ausschüttungspolitik je nach Region deutlich voneinander unterscheiden.

In Europa schütten die meisten Unternehmen ihre Dividenden im zweiten Quartal aus, im Jahr 2019 fielen mehr als ein Drittel der europäischen Ausschüttungen in den Mai (siehe Grafik). Covid-19 fiel hier also genau mit der Dividendensaison zusammen.

Wie zu erkennen ist, sind die Ausschüttungen in den USA und in Großbritannien gleichmäßiger über das Jahr verteilt, was auch das Risiko von Streichungen und Kürzungen streut und die Verluste für Aktionäre mildert. Durch globale Diversifizierung können Anleger die voraussichtlichen Einkommensverluste reduzieren und sind weniger anfällig für regionale Schwankungen.

Die Corona-Krise überschattet die europäische Dividendensaison



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Quelle: FactSet, Vanguard.

Blick voraus – oder zurück?

Indexentwickler suchen Dividendenaktien nach verschiedenen Kriterien aus, die besonders in dieser ungewissen Marktphase zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen können.

Die meisten Anbieter globaler Dividenden-Benchmarks halten sich an die historische Dividendenrendite. Dabei ordnen sie die Aktien nach zuvor angekündigten Dividenden und wählen diejenigen Aktien aus, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums die höchste Rendite erzielten.

Gewichtungsanpassungen in diesen Indizes orientieren sich an Dividendenankündigungen einzelner Unternehmen, denn bei der Auswahl der Indexkomponenten achten die Entwickler ausschließlich auf frühere Ausschüttungen. Wie jedoch inzwischen offensichtlich ist, ist die Vergangenheit in diesen unsicheren Zeiten nicht unbedingt guter Indikator für zukünftige Dividendenankündigungen.

Alternativ kann man Aktien auch nach zukünftigen Dividenden auswählen, wie es zum Beispiel im FTSE All-World High Dividend Yield Index geschieht. Bei dieser Methode definieren die Indexanbieter ihr Universum auf Grundlage von Schätzungen der Aktienrendite für die kommenden zwölf Monate3.

Diese Schätzungen beruhen nicht nur auf früheren Ausschüttungen, sondern auch und vor allem auf den Prognosen zahlreicher Analysten für zukünftige Dividenden. Ein solcher Index bildet die Dividendenerwartungen der Märkte in dem aktuellen Umfeld womöglich genauer ab – schließlich sind diese in den anderen Indizes nicht enthalten.

Wegen Streichungen und Verzögerungen bei der Gewinnausschüttung im Zuge der Pandemie ist jedoch eine überdurchschnittlich hohe Fluktuation der Indexkomponenten wahrscheinlich, unabhängig von der Konstruktionsmethode des Index.



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Hohe Ausschüttungen sind nicht immer nachhaltig

Dividendenindizes weichen auch in anderen Bereichen voneinander ab, zum Beispiel in der Gewichtung der Indexkomponenten.

Geht es dabei nur nach der Dividendenrendite, können Aktien mit hohen Ausschüttungen den Index dominieren. Dadurch entstehen jedoch auch Nachhaltigkeitsrisiken, denn Unternehmen können hohe Ausschüttungen langfristig nicht immer aufrechterhalten.

Indexentwickler können dieses Risiko reduzieren, indem sie die Indexkomponenten nach ihrer Marktkapitalisierung gewichten. Bei dieser Methode werden Aktien zunächst nach ihrer Dividendenrendite ausgewählt, das Anlageuniversum wird jedoch anschließend nach Freefloat-Marktkapitalisierung gefiltert.

Doch egal für welchen Index sich Anleger entscheiden, sollten sie Dividendenkürzungen immer im Kontext des aktuellen Marktumfelds sehen.

Unternehmen können einbehaltene Gewinne während der Krise als Reserve nutzen, wie jetzt häufig zu beobachten ist, oder die Mittel investieren und so ihren Aktienwert steigern. Für Banken, die auch eine Verpflichtung gegenüber der Wirtschaft insgesamt haben, mag diese Überlegung weniger relevant sein. Dennoch können sich Geduld und Disziplin grundsätzlich auszahlen.

Wir empfehlen Anlegern, ihr Einkommensportfolio zu diversifizieren, nicht von ihren langfristigen Zielen abzuweichen und auf mehr Klarheit zu Gewinnen und Gewinnausschüttungen zu warten.

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Quellen 1 Quelle: MSCI, Morgan Stanley Research. 2 Quelle: MSCI, Morgan Stanley Research.



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Wichtige Hinweise zu Anlagerisiken

Der Wert der Investitionen und die daraus resultierenden Erträge können steigen oder fallen, und Investoren können Verluste auf ihrer Investitionen erleiden. Die frühere Wertentwicklung gibt keinen verlässlichen Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.

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Der Inhalt dieses Dokuments ist nicht als Angebot zum Kaufen bzw. Verkaufen oder als Aufforderung zum Angebot des Kaufens bzw. Verkaufens von Wertpapieren in Hoheitsgebieten zu verstehen, in denen ein solches Angebot oder eine solche Aufforderung rechtswidrig ist. Dasselbe gilt für Personen, denen gegenüber es ungesetzlich ist, ein solches Angebot bzw. eine solche Aufforderung vorzulegen, und für Personen, die nicht zur Vorlage eines solchen Angebots bzw. einer solchen Aufforderung autorisiert sind.

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