13.03.2017 08:25

Aktien-Sparen für Kinder: Wie aus 50 Euro ein kleines Vermögen wachsen kann

Am 6. Februar 2017 hat es begonnen, das wohl größte Abenteuer meines Lebens: Ich bin Papa! Und natürlich soll der kleine Julian dieselbe Geborgenheit, Hingabe und Fürsorge geschenkt bekommen, die ich als Kind erfahren durfte. Nur eines mache ich anders als meine Eltern: Das kleine rote Sparbuch, auf das meine Mama und mein Papa regelmäßig Geld „für später“ eingezahlt haben, wird mein Sohn nie besitzen. Stattdessen gibt’s Aktien und ETFs.

Am 6. Februar 2017 hat es begonnen, das wohl größte Abenteuer meines Lebens: Ich bin Papa! Und seit Julian auf der Welt ist, fahren meine Gefühle Achterbahn. Ein wilder Mix aus Aufregung, Besorgnis, Chaos, Dankbarkeit, Euphorie, Freude, Glück, Hoffnung, Inspiration, Jammern, Kraft, Lachen, Müdigkeit, Neugier, Ohnmacht, Phantasie, Quatsch, Ruhe, Stolz, Träumerei, Unsicherheit, Verantwortung, Wunder, Zauber – immer gepaart mit ganz viel Liebe und auch einer gewissen Portion Respekt vor der Herausforderung, unserem kleinen Jungen einen tollen Start in ein glückliches Leben zu bereiten.

Es war einmal... das Sparbuch

#LittleJ, wie seine Oma ihn schon genannt hat, als er noch in Mamas Bauch war, soll dieselbe Geborgenheit, Hingabe und Fürsorge geschenkt bekommen, die ich als Kind erfahren durfte. Nur eines mache ich anders als meine Eltern: Ich spare nicht für ihn. Das kleine rote Sparbuch, auf das meine Mama und mein Papa regelmäßig Geld „für später“ eingezahlt haben, wird mein Sohn nie besitzen. Wozu auch, bringt ja doch nichts – während es in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren, als ich Kind war, über 7% Zinsen gab, darf man heute ja schon froh sein, wenn die Banken nichts abziehen von dem, was man anspart.

Geld für Julians Zukunft beiseitelegen, das tun wir natürlich trotzdem. Denn mit dem Kind wachsen auch die Wünsche und irgendwann geht es nicht mehr um den Noukie-Hasen, das Siku-Auto oder die Playmobil-Ritterburg. Vielleicht hat er ja das musikalische Talent, das seinen Eltern fehlt, und wir wollen ihm irgendwann ein Klavier kaufen. Oder er möchte ein Jahr als Austauschschüler in den USA verbringen. Nicht zu vergessen der Führerschein, die Berufsausbildung, die erste eigene Wohnung: Sofern er nicht früh den Durchbruch als Fußball-Profi schafft (was wegen der zwei linken Füße seines Papas ziemlich unwahrscheinlich ist), wird er finanzielle Starthilfe brauchen.

Aktien sind ein Stück reale Wirtschaft

Und deshalb kaufen wir ihm Aktien. Richtig gelesen. A-K-T-I-E-N. Wirklich? Dieses Zocker-Zeugs, was heute steigt und morgen fällt und was Onkel Herbert fast ruiniert hätte, damals vor 20 Jahren beim Börsengang der Deutschen Telekom – damit sorgen wir für unseren kleinen Jungen vor?

Ja, genau. Denn Aktien sind weder gut noch böse, sondern verbriefen einfach einen klitze-klitze-kleinen Anteil an einem Unternehmen. Und als Gegenleistung dafür, dass man der Firma Geld zur Verfügung stellt, gibt’s statt Zinsen etwas von dem Gewinn, den das Geschäft abwirft – die so genannte Dividende.

Drei Firmen, die von Kindern leben

Procter & Gamble zum Beispiel hat letztes Jahr auf jede Aktie 2,67 US-Dollar Dividende überwiesen. Wer Anfang 2016 zu Kursen um 80,00 US-Dollar zugegriffen hat, konnte also rund 3,3% einstreichen. Obendrein ist die Aktie auf 84,00 US-Dollar geklettert. Dass der US-Konzern so fette Ausschüttungen zahlen kann, liegt übrigens nicht zuletzt an uns Eltern bzw. unseren kleinen Hosenscheißern. Neben Zahncreme (blend-a-med), Rasierern (Gillette), Putzmitteln (Meister Proper) und allerlei anderen Hygiene-Helfern stellt Procter & Gamble nämlich auch Windeln her – und zwar nicht irgendwelche, sondern die teuren Pampers.

Wo Pampers sind, ist Penaten meist nicht weit. Die legendäre Creme wurde 1904 von einem rheinischen Drogisten erfunden, gehört aber seit 1986 – wie übrigens auch die Marke bebe – zu Johnson & Johnson, wo die Geschäfte ebenfalls prächtig laufen: Seit 54 Jahren hat die Firma, die obendrein Damenbinden (o.b.), Nasenspray (Rhinopront) oder Mundspülung (Listerine) produziert, ihren Aktionären jedes Jahr mehr Dividende gezahlt.

Und sogar wenn wir unseren lieben Kleinen einen kuscheligen Winnie Puuh, einen Eisprinzessin-Lutscher oder ein Laserschwert schenken, klingelt bei einer Börsenfirma die Kasse: Von Disney kann man ebenfalls Aktien kaufen und sich auf diese Weise ein bisschen von dem Geld zurückholen, was für Filme und Merchandising rund um Micky Maus, Donald Duck und all die anderen Zeichentrick-Helden draufgeht. Gelohnt hätte sich das auf jeden Fall – alleine in den letzten zehn Jahren hat die Disney-Aktie sich mehr als verdreifacht.

1.616 Unternehmen auf einen Schlag

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Hinter fast allen Produkten und Dienstleistungen, die wir aus dem täglichen Leben kennen, stehen Aktiengesellschaften, die an der Börse in Mini-Bruchteilen gehandelt werden – von Apple, Beiersdorf (Tesa/Nivea), Carnival (Aida/Costa) und Danone bis hin zu Wüstenrot, Xerox, Yahoo und Zalando. Darunter sind natürlich auch immer wieder Flops wie Windeln.de: Als der Online-Shop im Juni 2015 an die Börse kam, kostete eine Aktie 18,00 Euro. Aktuell kriegt man die Anteile nicht einmal mehr für 4,00 Euro los und Dividende gab’s auch keine. 

Doch dieses Risiko lässt sich in den Griff kriegen, indem man eben nicht nur ein paar Aktien kauft, sondern das Geld auf viele verschiedene Unternehmen streut. Und dafür muss man weder Millionär noch Finanzexperte sein, schließlich gibt es Fonds. Der iShares Core MSCI World ETF beispielsweise bündelt insgesamt 1.616 Firmen aus über zwei Dutzend Ländern und zeigt, was mit Aktien langfristig möglich ist: In den 40 Jahren, die ich jetzt auf der Welt bin, hat das globale Portfolio inklusive der Dividenden in heimischer Währung rund 2.600% zugelegt – was einem jährlichen Wertzuwachs von knapp 8,4% entspricht.

Die Zeit heilt alle Risiken

Nicht schlecht, verglichen mit null Zinsen auf dem Sparbuch, wobei dieser Vergleich ziemlich unfair ist. Denn auf dem Sparbuch wird das Geld zumindest nominell (vor Gebühren, Steuern und Inflation) nicht weniger, während Aktien kräftig schwanken und zeitweise tief ins Minus rutschen können. So hat der besagter MSCI World in diesem Jahrtausend gleich zwei deftige Crashs aufs Parkett gelegt: Zwischen September 2000 und März 2003 ging’s um 55% nach unten und während der großen Finanzkrise (Juni 2007 bis März 2009) sind die Kurse um 50% eingebrochen.

Doch trotz der Krisen und Katastrophen steht für die letzten 17 Jahre unterm Strich ein Plus von 60%. Wer am 1. Januar 2000 Nachwuchs bekommen und 10.000 Euro in den MSCI World gesteckt hat, kann seinem Sprössling aus den Aktiengewinnen also nicht nur den Führerschein, sondern auch noch einen netten Zuschuss zum ersten Auto spendieren.

Sparplan statt Einmalanlage

Allerdings hat nicht jeder 10.000 Euro herumliegen, schon gar nicht als frisch gebackener Papa. Aber das macht nichts, denn bei Banken wie Comdirect kann man Fonds genauso besparen wie das rote Büchlein bei der Sparkasse – und zwar schon ab 25,00 Euro pro Monat. Und das ist ebenso praktisch wie sinnvoll, schließlich macht man sich auf diese Weise die Schwankungen der Börse zunutze: Wenn die Kurse runtergehen, gibt’s für das gleiche Geld mehr Anteile und man ist beim anschließenden Aufschwung umso stärker dabei.

Wie das funktioniert, zeigt das Beispiel mit einer monatlichen Sparrate von 50,00 Euro. Seit dem 1. Januar 2000 sind bislang 205 Monate vergangen, man hat also über die Zeit 10.250 Euro eingezahlt – woraus inzwischen mehr als 20.000 Euro geworden sind. Und davon lassen sich zur Volljährigkeit so einige Wünsche erfüllen...

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Christian W. Röhl ist Unternehmer, Kapitalmarkt-Stratege – und Investor, der sein eigenes Vermögen verwaltet. Einblicke in seinen Investment-Alltag gibt der Autor des manager magazin-Bestsellers "Cool bleiben und Dividenden kassieren" auf seinem Blog DividendenAdel sowie in Vorträgen und Workshops.

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Christian W. Röhl
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