21.07.2017 14:00

Erste Bank sei Dank: Endlich neuer Dividenden-Rekord in Österreich

Die 64 im WBI Wiener Börse Index enthaltenen Unternehmen schütten 2017 knapp drei Mrd. Euro aus und übertreffen damit endlich eine zehn (!) Jahre alte Bestmarke. Besonders erfreulich: Angeführt von Erste Group Bank, OMV und Telekom haben alle Top 10 Zahler ihre Dividende an. Die beste Ausschüttungsqualität finden Anleger aber weiterhin in der zweiten Reihe, wo neben zwei Regionalbanken besonders Mayr Melnhof Karton und Do & Co. überzeugen.

Endlich ein neuer Dividenden-Rekord in Österreich! Die 64 im WBI Wiener Börse Index enthaltenen Unternehmen schütten 2017 knapp drei Mrd. Euro aus und übertreffen damit nun die zehn (!) Jahre alte Bestmarke aus 2007 (2,9 Mrd. Euro). Vor allem der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr kann sich sehen lassen – denn 2016 lag die Ausschüttungssumme nur bei 2,4 Mrd. Euro, so dass wir hier über ein Plus von satten 23% oder rund 560 Mio. Euro reden.!

Erste Bank verdoppelt

Mehr als ein Drittel dieses Anstiegs geht auf das Konto der Erste Group Bank, die ihre Ausschüttung von 0,50 auf 1,00 Euro je Aktie verdoppelt hat und ihren Aktionären deshalb rund 215 Mio. Euro mehr überweist als 2016. Gleichzeitig ist die Erste damit der neue Dividenden-Krösus an der Wiener Börse. Denn mit knapp 430 Mio. Euro fällt das Ausschüttungsvolumen etwas höher aus als bei der OMV – die ihre Dividende nach der Kürzung vom Vorjahr nun zwar ebenfalls wieder angehoben hat, in Summe aber nur auf 390 Mio. Euro kommt und deshalb im Größen-Ranking auf Platz 2 abrutscht.

Telekom mit der höchsten Anhebung

Einen satten Beitrag zum Dividendenrekord liefert überdies die Telekom Austria, die in diesem Jahr das Vierfache des letztjährigen Betrages ausschüttet (0,20 nach 0,05 Euro je Aktie). In absoluten Zahlen ergibt das ein Plus von knapp 100 Mio. Euro, also fast ein Fünftel des Gesamt-Zuwachses.

34 von 40 Prime Market-Firmen schütten aus

Gleichwohl wäre es unfair, die Dividendensaison 2017 auf ein paar wenige Highlights zu fokussieren. Denn neben dem Volumen-Rekord ist vor allem die Breite des Anstiegs bemerkenswert. Zwar ist die Quote der Dividendenzahler im Prime Market leicht zurückgegangen. Nach dem Ausfall bei Schoeller-Bleckmann schütten dieses Jahr nur 34 von 40 Firmen aus, während es im Vorjahr 35 waren. Dafür gibt‘s bei der Hälfte aller Unternehmen eine Anhebung – wohingegen nur sechs die Dividende kürzen oder (erneut) nichts auszahlen.

Alle zehn Top-Zahler zahlen mehr

Besonders erfreulich ist das positive Momentum bei den Schwergewichten: Die zehn Top-Zahler im Prime Market – darunter neben Erste und OMV auch Voestalpine, Andritz sowie Strabag als einziger Nicht-ATX -Titel – heben allesamt an. Der höchste Zuwachs gelingt dabei der Telekom (+300%), gefolgt von Lenzing (+110%) und Erste (+100%). Insgesamt können 15 von 40 Prime-Firmen die Ausschüttung im zweistelligen Prozent-Bereich steigern, zehn davon übertreffen ihre Vorjahresdividende sogar um ein Drittel oder mehr. Dabei überzeugen auch Werte aus der zweiten Reihe wie Palfinger (+46%), Wienerberger (+35%) oder Polytec (+33%).

RBI-Aktionäre gehen erneut leer aus

Wo Licht ist, ist natürlich auch ein bisschen Schatten – ganz ohne Enttäuschungen geht auch in Österreich keine Dividendensaison ab. Neben Schoeller-Bleckmann gehört zu den Flops natürlich auch die Raiffeisen Bank International, die als einziges ATX-Unternehmen erneut nicht ausschüttet und ihre Anteilseigner damit das dritte Jahr in Folge leer ausgehen lässt. Leidgeprüft sind auch die Verbund-Aktionäre, die nun die dritte Kürzung innerhalb von sieben Jahren hinnehmen müssen und nur noch ein Viertel dessen erhalten, was 2009/10 überwiesen worden war. Überdies endet 2017 eine lange Erfolgssträhne: Bei Rosenbauer war die Dividende seit 2002 jedes Jahr gestiegen oder zumindest konstant geblieben, doch nun wurde nach eineinhalb Jahrzehnten erstmals wieder eine Kürzung beschlossen (-20%).

Ausschüttungsquoten in Österreich eher gering

Mit Blick auf die Ausschüttungsquote haben die österreichischen Börsenfirmen durchaus noch Nachholbedarf: Im Durchschnitt werden rund 44% des Jahresüberschusses an die Aktionäre ausgekehrt, auf Basis der um Sondereffekte bereinigten Gewinne beläuft sich der Payout sogar auf nur 38%. Sofern die wirtschaftliche Lage sich nicht eintrübt, ist also durchaus Spielraum für erneut überproportionales Dividenden-Plus vorhanden. Erfreulich auch, dass sich immerhin 25 der 40 Prime Market-Titel bei der Ausschüttungsquote innerhalb des DividendenAdel-Zielkorridors (25-75%) bewegen.

Höchste Renditen bei den Nebenwerten

Trotz der kräftigen Kursgewinne des letzten Jahres lockt der österreichische Aktienmarkt noch immer mit attraktiven Dividendenrenditen. Bezogen auf die Jahresanfangskurse wird die Dividendenrendite über alle Marktsegmente 2017 bei knapp 3,1% liegen. Rendite-Spitzenreiter sind dabei die drei Nebenwerte Linz Textil Holding, Wiener Privatbank und Atrium European Real Estate. Im Prime Market realisieren Aktionäre bei Uniqa und der Österreichischen Post die höchsten Werte.

Mayr Melnhof Karton bietet höchste Qualität

Nachhaltige Dividendenqualität ist aber mehr als fette Prozente und muss auch die Faktoren Kontinuität, Ausschüttungsquote und Wachstum berücksichtigen. Bei diesem „Rundblick“ schneiden österreichische Firmen vor allem wegen der miesen Historie schlecht ab. Aktuell erfüllt nur ein Unternehmen sämtliche DividendenAdel-Kriterien: Mayr Melnhof Karton hat sich seit 21 Jahren keine Dividendenkürzung geleistet und die Ausschüttung im laufenden Jahr (wie übrigens auch in den sechs Jahren zuvor) erhöht. Hinzu kommt eine maßvolle Payout-Quote von 40%, gepaart mit einem Dividendenwachstum von 8% und einer Rendite, die selbst auf dem Allzeithoch noch auskömmlich ist (2,6%).

MAYR-MELNHOF KAR DividendenAdel-Profil Do & Co trotz Türkei-Problemen stabil

Knapp dahinter rangiert Do & Co. Der Edel-Caterer hat ein versetztes Geschäftsjahr und deklariert seine Dividende deshalb traditionell erst Ende Juni. Wegen des schwierigen Türkei-Geschäfts gönnt Attila Doğudan sich und seinen Aktionären dieses Jahr keinen Nachschlag. Die Dividende bleibt konstant, zum dritten mal in Folge werden 0,85 Euro je Aktie gezahlt. Damit baut das Unternehmen seinen Track Record auf 18 Jahre ohne Dividendenkürzung aus – und zwar ohne die Ausschüttungsquote zu strapazieren: Der Payout liegt nur bei einem Drittel.

 DO & CO AG DividendenAdel-ProfilRegionalbanken bleiben Dividenden-Leuchttürme

Weitere zuverlässige Zahler in Österreich sind Ottakringer, Stadlauer und Agrana mit 15 bis 16 Jahren ohne Kürzung. Auch diese drei Nebenwerte werden ihre Ausschüttung in diesem Jahr allerdings nicht anheben – im Gegensatz zu zwei Regionalbanken: Oberbank und BTV Bank für Tirol und Vorarlberg haben ihre Dividende seit über 25 bzw. 20 Jahren nie gesenkt und den Aktionären nun zum zweiten bzw. dritten Mal einen Nachschlag gewährt. Die Payout-Quoten liegen allerdings deutlich unterhalb des DividendenAdel-Korridors, weshalb die Renditen mit 1,1% bzw. 1,4% eher mau ausschauen.

Christian W. Röhl ist Unternehmer und Kapitalmarkt-Stratege – vor allem aber Investor, der sein eigenes Vermögen verwaltet. Einblicke in seinen Investment-Alltag gibt der Autor des manager magazin-Bestsellers „Cool bleiben und Dividenden kassieren“ in Vorträgen und Seminaren sowie auf seinem Blog DividendenAdel und bei Twitter (@CWRoehl).

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Christian W. Röhl ist Unternehmer, Kapitalmarkt-Stratege – und Investor, der sein eigenes Vermögen verwaltet. Einblicke in seinen Investment-Alltag gibt der Autor des manager magazin-Bestsellers "Cool bleiben und Dividenden kassieren" auf seinem Blog DividendenAdel sowie in Vorträgen und Workshops.

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