17.08.2018 08:00
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Öl weekly: Droht uns in 2019ff ein strukturelles Angebotsdefizit?

Schwache Fundamentaldatenentwicklungen und übergeordnete Makrofaktoren sorgten in der vergangenen Berichtswoche für einen erneuten Rückgang bei den Ölpreisen (Brent: 71 US-Dollar/Barrel; -3 %). Auf der Seite der Fundamentaldaten kam es in der vergangenen Woche in den USA zum stärksten Öllageraufbau seit März 2017. Das Plus bei Lagerreserven beträgt im Wochenvergleich 17,4 Mio. Barrel, was maßgeblich auf im Wochenvergleich um 1,1 Mio. Barrel/Tag höhere Importe und um 300 Tsd. Barrel/Tag niedrigere Exporte nach China zurückzuführen ist. Darüber hinaus enttäuschten die chinesischen Juli-Konjunkturdaten die Investoren durchweg und dehnten die bereits im Juni gezeigte Schwäche weiter aus. Die Infrastrukturausgaben, die Industrieproduktion, die Automobilproduktion und der Verkauf von Haushaltsgeräten gingen alle im Vergleich zum Vorjahr zurück. Dies sorgte auch für einen Ausverkauf bei Industriemetallen, insbesondere Kupfer, wo der Preis unter die Marke von 5800 US-Dollar/Tonne fiel. Die anhaltende US-Dollar-Stärke hängt wie ein Damoklesschwert auf den Preisen für Öl und Metalle. Da Rohstoffe mehrheitlich in US-Dollar notiert sind, hat dies negative Auswirkungen auf alle Länder außerhalb des Dollar-Raums aus und erhöht ceteris paribus die Preise für Rohstoffe in lokaler Währung, was über kurz oder lang die Nachfrage belastet. Auch die Sorgen vor einem Überschwappen der türkischen Währungskrise auf andere Schwellenländer lastet auf den Rohstoffmärkten, wobei auch andere Risikoassets stark unter Druck gerieten. So fiel beispielsweise der EM MSCI-Aktienindex auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr. Insgesamt herrscht an den Märkten derzeit eine große Verunsicherung.

In den vergangenen Monaten haben wir häufig die Frage gestellt bekommen, ob die aufgrund der seit 2014 stark gefallenen Ölpreise eingebrochene Investitionstätigkeit Auswirkungen auf das Ölangebot in den kommenden Jahren haben wird. Vereinzelte Stimmen warnen dabei, dass dem Ölmarkt ab dem Jahr 2019 und darüber hinaus strukturelle Defizite drohen. Blickt man auf die finalen Investitionsentscheidungen der vergangenen Jahre, dann ist in der Tat festzustellen, dass die Genehmigungen von Großprojekten seit 2014 um 60 % zurückgegangen sind. Gleichzeitig hat die Investitionstätigkeit im US-Schieferölsektor massiv zugelegt. Zudem befinden sich noch immer eine Vielzahl von Projekten vor der Inbetriebnahme, deren Investitionsentscheidung vor dem Kollaps der Ölpreise im Jahr 2014 getroffen wurde. Da die Jahre zwischen 2010-13 Rekordjahre in den Capex-Engagements darstellten, glauben wir, dass dieser Investitionszyklus enorme Volumina in den kommenden Jahren an den Markt bringen wird. Insbesondere stehen zahlreiche neue Projekte in Russland und Brasilien zur Fertigstellung und Inbetriebnahme in den kommenden zweieinhalb Jahren an. Insgesamt erwarten wir für den Zeitraum 2018-21, dass die Kombination aus der Inbetriebnahmen von Megaprojekten und US-Schieferölwachstum das jährliche Nachfragewachstum von ca. 1,5 Mio. Barrel/Tag mit einem moderaten Mehrbedarf an OPEC-Öl (ca. 1,6 Mio. Barrel/Tag) decken sollte. Erst darüber hinaus, im Zeitraum 2021-25, glauben wir, dass sich das Nicht-OPEC-Wachstum deutlich verlangsamen wird, was sowohl auf die rückläufige Zahl bei der Inbetriebnahme von Megaprojekten als auch auf das langsamere US-Schieferölwachstum zurückzuführen ist. Dies wird unserer Einschätzung nach zu einem erheblichen Mehrbedarf an OPEC-Öl führen, selbst wenn man davon ausgeht, dass sich das Wachstum der Ölnachfrage verlangsamt. Unter der Annahme eines sehr konservativen Nachfragewachstums von nur 0,8 Mio. Barrel/Tag YoY, müsste das OPEC-Wachstum fast 2 Mio. Barrel/Tag YoY betragen, damit der Markt weiterhin ausreichend versorgt wäre.


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